100 Jahre Büchergilde Gutenberg
Wir haben Ihre schönsten Büchergilde-Momente gesammelt
100 Jahre sind eine lange Zeit und ein guter Anlass, um Ihre Büchergilde-Geschichte zu erfahren. Wir haben Sie nach Ihren schönsten Büchergilde-Erfahrungen gefragt. Gibt es eine besondere Begebenheit, die Sie mit der Büchergilde verbinden? Wie und wann sind Sie Mitglied geworden? Welches Buch aus unserem Programm hat Sie nachhaltig beeindruckt? Welche Illustratorin, welcher Illustrator liegt Ihnen am Herzen? Welche Partnerbuchhandlung ist Ihr Büchergilde-Treffpunkt?
Wir bedanken uns für die zahlreichen kreativen, berührenden und besonderen Einsendungen, in denen Sie Ihre Büchergilde-Momente mit uns geteilt haben. Diese persönlichen Geschichten zeigen, was uns als Buchgemeinschaft bis heute ausmacht: begeisterte Leserinnen und Leser, engagierte Mitglieder, bibliophile Menschen.
Hier haben wir eine Auswahl Ihrer Erfahrungsberichte zusammengestellt.
„Warum bin ich der Büchergilde beigetreten? Generell habe ich schon mein Leben lang gelesen. Für mich waren es schon von klein auf mehr als nur Bücher und Worte. Ich hatte eine Art Passion gefunden, etwas, was mich wirklich gepackt hat und worin ich ,gut‘ war. Meine Eltern hatten sich auch als typische Arbeiter sehr über mein Hobby gefreut, konnten sich aber nicht sehr damit identifizieren.
Dann vor ca. zwei Jahren entdeckte ich auf YouTube ein Video von ,itsVonk‘ über die Büchergilde. Ab da wusste ich, die Bücher sind so schön gestaltet, die muss ich haben.
Die Illustrationen bei Wolkenbruchs Reise in die Arme einer Schickse fand ich sehr erfrischend. Es war gut, auch mal andere Illustrationen zu sehen als nur die der klassischen Marvel Comics. Stärker für mich hat sich aber die Handlung herausgestellt. Ich konnte so gut mit Motti mitfühlen, diesem Konflikt zwischen eigener religiöser Kultur und dem eigenen Willen. Das Buch hat mich auf jeden Fall sehr gut durch eine schwere Zeit durchgebracht.
Die Büchergilde hat für mich einen Ehrenplatz. Auf weitere, tolle Jahre mit der Büchergilde.“
„Als heute 68-jähriges Mitglied erinnere ich mich noch genau an den Beginn meiner Mitgliedschaft in der Büchergilde (01.03.1972).
Ich war damals in der 9. oder 10. Klasse, war schon immer eine begeisterte Leserin und somit permanente Kundin in der kleinen, örtlichen Bibliothek. Eigene Bücher hatte ich nicht so viele.
Mein Vater war damals nebenberuflich Versicherungsvertreter. Eines Tages kam er nach Hause und meinte: ,Du bist ab jetzt Mitglied in der Büchergilde. Frau B. hat bei mir eine Versicherung abgeschlossen und im Gegenzug habe ich dich bei ihr in der Büchergilde als Mitglied angemeldet. Ich bezahle dir jedes Quartal ein Buch, bis du eigenes Geld verdienst.‘
Das war der Beginn meiner nun 52-jährigen Mitgliedschaft. Einige besondere Bücher habe ich noch aus der Anfangszeit, sie haben alle Lebensphasen und Umzüge mitgemacht.
Ich finde Ihr Angebot immer besonders.
Seit meinem Ruhestand bin ich hier im Förderverein Leselust der Bibliothek und wir veranstalten monatlich ein Literaturcafé in der Bibliothek mit durchschnittlich 60-80 Zuhörer:innen. Oft stelle ich dort Büchergilde-Bücher vor.“
„Während meines Studiums der Germanistik und Anglistik vor 40 Jahren war ich wissenschaftliche Hilfskraft in der Bibliothek des Germanistischen Seminars in Heidelberg. Meine damalige Chefin war Mitglied der Büchergilde Gutenberg. Sie kam aus der ehemaligen DDR und war nicht nur sehr belesen, sondern auch eine Verfechterin des Genossenschaftsgedankens. Das hat mich so beeindruckt, dass ich auch Mitglied wurde und mit zeitweiligen Unterbrechungen geblieben bin.
Viele Bücher der Büchergilde haben mich tief beeindruckt. Ich liebe besonders die illustrierten Bücher, wie das von Günter Grass mit seinen Zeichnungen, aber auch das illustrierte Reisebuch von Alexander Humboldt. Daneben hat der Büchergilde-Kalender einen festen Platz über meinem Schreibtisch und ist nicht mehr wegzudenken.
Unzählige Autorinnen und Autoren haben mir vergnügliche Lesestunden beschert, aber die größte Befriedigung hat mir zum Beispiel Pnin von Vladimir Nabokov verschafft. Das liegt vor allem daran, dass ich das Buch sehr interaktiv erlebt habe, indem ich es meinem Sohn und meinem Mann vorgelesen habe. Die Idee über mein Lieblingsbuch zu schreiben, hat mir erst klar gemacht, welchen wertvollen Stellenwert die Büchergilde in meinem Leben hat.“
„Mehr als ein halbes Leben - meine Jahre mit der Büchergilde Gutenberg
Als junger Mann, gerade mal Anfang 20, aus der tiefsten nordhessischen Provinz zur Ausbildung bei der Flugsicherung ins großstädtische Frankfurt gekommen – wissbegierig, durchaus belesen trotz der bäuerlichen Herkunft, weil einer der Dorfschullehrer Wohnung im Elternhaus hatte und mich die Klassiker seiner Büchersammlung lesen ließ, aber auch durch die Mitgliedschaft unserer Eltern im ,großen Buchklub‘, die damit meine Lesebegeisterung weiter förderten – war meine kommende Verbindung mit der Büchergilde nicht gleich absehbar.
Es musste wohl so sein und aus heutiger Sicht empfinde ich es mehr als Fügung, denn als Zufall, dass ich bei einem meiner Spaziergänge in der Stadt durch die Wilhelm-Leuschner-Straße kam und am Gewerkschaftshaus von den in den Schaufenstern ausgelegten Büchern der Büchergilde magisch angezogen wurde. Es war gleichsam die Initialzündung für das Betreten des Ladens, des Antrags auf Mitgliedschaft und des damit verbundenen Kaufs meines ersten Buches. Mit Hermann Zapfs Manuale Typographicum begann an diesem besonderen Tag im Juni 1971 meine immer noch anhaltende Geschichte mit der Büchergilde, an der mittlerweile also mehr als ein halbes Jahrhundert geschrieben worden ist.
Bei der weiteren wirtschaftlichen Stabilisierung der Gilde war die Gründung der Verlagsgenossenschaft ein Schritt, den ich von Anfang an gutheißen und mittragen konnte. Als ein Kind vom Lande ist mir der genossenschaftliche Gedanke schon immer vertraut und so bin ich mit voller Überzeugung zu einem Gründungsmitglied geworden. Auch wenn über die erworbenen Anteile kein finanzieller Nutzen entsteht, so hat man doch die Gewissheit, zum Fortbestand unserer vorbildlichen Buchgemeinschaft beizutragen und dabei eine kulturelle Rendite zu erzielen. Es ist zu hoffen und zu wünschen, dass sich die Büchergilde darüber immer wieder neu erfindet, was das gesamte Programm betrifft, aber ansonsten ihrer Linie treu bleibt, inhaltlich wie handwerklich hervorragende Bücher zu verbreiten. Davon dürfen dann ruhig noch etliche weitere Generationen profitieren.“
„Mein Vater (1926–1982) kannte die Büchergilde schon seit seiner Jugend – vermutlich waren seine Eltern aus der Oberlausitz bereits Mitglieder. Als mein Vater nach seiner Rückkehr aus französischer Gefangenschaft wieder in Deutschland heimisch wurde, gehörte für ihn die Büchergilde bald wieder dazu. Ich habe erst später verstanden, dass er oft nach Feierabend als Werber und Vertrauensmann für die Büchergilde unterwegs war. Davon zeugen auch die Widmungen in zwei Büchern, die ihm 1955 und 1958 überreicht wurden.
In unserer Arbeiterfamilie waren Bücher zu jener Zeit etwas Besonderes. Für mich als Kind bedeutete das Wort ,Büchergilde‘ so viel wie ,Schatztruhe‘. Mein Vater ,zauberte‘ daraus immer mal wieder ein neues Buch herbei – für sich, unsere Mutter, aber auch für uns drei Kinder. Für mich, die ,Leseratte‘, war das großartig. Als Jugendliche habe ich auch heimlich in Vaters Büchern gelesen – einige davon stehen heute noch in meinen Bücherregalen.
Da ich ihre Bücher auch heute immer noch besonders schön und die Idee dahinter unterstützenswert finde, bin ich als Erwachsene gerne auch Mitglied geworden, wie ehemals mein Vater.“
„Zerliebt und zerlesen - Meine Bilderbücher aus den fünfziger Jahren
Arg ramponiert, bemalt und bestempelt und lose im Einband haben auf einem unteren Brett des Bücherregals einige Bilderbücher aus meiner Kindheit Asyl gefunden. Eine Ausgabe der Bremer Stadtmusikanten von 1944 mit Illustrationen von Hans Fischer und drei Bücher von Gerhard Oberländer – Pingo und Pinga von 1953, Krählinde von 1956 und Das Märchen von den drei Apfelbäumen von 1958. Die ersten, die den Geschichten lauschten und Spuren darin hinterlassen haben, waren meine 1950 geborenen Zwillingsgeschwister Peter und Angelika. Ich, der 1957 Nachgeborene war der mit den Stempeln. Unübersehbar prangt in den meisten Büchern unserer gemeinsamen Kindheit mein Namensstempel mit vollständiger Adresse. Die Inbesitznahme vollzog sich vermutlich in der Zeit, in welcher sich meine älteren Geschwister mit lateinischen und englischen Vokabeln beschäftigten.
Ich erinnere es nicht mehr, könnte mir aber vorstellen, daß die Stempelausrüstung kein Geschenk meines Patenonkels Helmut Dreßler war – er war eher für die Büchergaben zuständig. Die vier ausgewählten Bilderbücher haben nämlich das gemeinsame Merkmal, als Ausgaben der Büchergilde Gutenberg erschienen zu sein, das Buch von 1944 mit Ortsangabe Zürich, die späteren in Frankfurt.
Kennengelernt hatten sich meine Eltern und die Dreßlers nach dem Krieg 1948 in Frankfurt und waren lebenslang gut befreundet. Helmut Dreßler war der ältere Sohn Bruno Dreßlers, der 1924 die Büchergilde Gutenberg gegründet hatte. Helmut übernahm die Aufgabe des Neuanfangs 1946 in Deutschland.“
„Mein Großvater war Zimmermann und seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts gewerkschaftlich organisiert. Er war ebenfalls Mitglied der Büchergilde. Etwa 1976, mit ungefähr 14, entdeckte ich die Büchergilde, da ich neuen Lesestoff suchte, und bestellte mir von meinem ersparten mehrere Bände der Jack London Gesamtausgabe. Der Ruf der Wildnis, Martin Eden, König Alkohol, Die Zwangsjacke waren die ersten Romane, außer meinen geliebten Karl May Büchern, die ich erwarb. Das war die Zeit, in der das Magazin und die bestellten Bücher noch von einem Büchergilde-Vertrauensmann zu den Mitgliedern gebracht wurden. Martin Eden ist heute noch eines der wichtigsten Bücher in meinen Regalen.
1982 trat ich in die Gewerkschaft ein und für mich konsequenterweise ebenfalls in die Büchergilde. Die von der Büchergilde veröffentlichten Werkausgaben von Oskar Maria Graf und Panait Istrati waren und sind besondere Leseerlebnisse. Auch die Bibliothek der Exilliteratur wurde sukzessive angeschafft. Heute erfreue ich mich an den Büchergilde Ausgaben von T.C. Boyle insbesondere auch an der Gestaltung der Schutzumschläge.
Zu den Lieblingsautoren meines Großvaters gehörte B. Traven den ich mittlerweile ebenfalls in Büchergilde Ausgaben gelesen habe.
Ich wünsche der Büchergilde für die Zukunft viele neue Mitglieder und mir ein spannendes Büchergildeprogramm.“
„Passend zum 100-jährigen Jubiläum der Büchergilde bin ich im April neu dazugekommen.
Im Alltag lese ich sehr viele Texte digital und im Internet. Deshalb freue ich mich über gedruckte Bücher umso mehr. Ich mag Ästhetik, Schönheit und gut geschriebene Bücher. Ein echtes Buch zur Hand zu nehmen, welches sich edel anfühlt, ist etwas ganz Besonderes. Das ist für mich das Besondere an den Büchern der Büchergilde: Die Bücher haben Stil. Manche sind farbenfroh gestaltet, andere Ton in Ton gehalten. Die Haptik des Materials ist jedes Mal wieder ein wunderbares Erlebnis.
Mein erster schönster Büchergilde-Moment war, als ich meine erste Abobox auspackte. Es fühlte sich an, wie ein Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk. Auch wenn es in diesem Moment ein Geschenk an mich selbst war, welches ich voll Vorfreude auspackte.
Meinen Weg zur Büchergilde fand ich durch eine Büchergilde-Botschafterin, die mir auf Instagram gezeigt wurde. Da mir der Begriff nicht geläufig war, habe ich erst einmal recherchiert, was eine Büchergilde-Botschafterin ist. Dabei ist mir auf der Büchergilde-Website die Abobox mit dem Roman Leonard und Paul von Rónán Hession aufgefallen. Das Buch war mir aus einem Newsletter der Buchhandlung meiner Heimatstadt bekannt. Ich hatte es für später auf meine Lesefavoritenliste geschrieben.
Zum Buch passende Beigaben zu erhalten, klang für mich spannender als nur das Buch zu kaufen. So habe ich diese Abobox als ersten Kauf bestellt. Für mein Buchgeschenk konnte ich mich dann nur schwer entscheiden zwischen Die Verwandlung von Franz Kafka und Malina von Ingeborg Bachmann.“
„Obwohl meine Eltern schon seit meiner Kindheit in der Büchergilde sind, hatte ich mich anfangs nie besonders dafür interessiert. Irgendwann - als ich schon längst erwachsen war, aber selbst noch kein Mitglied der Büchergilde - wurde es jedoch zur Gewohnheit, dass sie mir in der Vorweihnachtszeit auf der Suche nach ihrem letzten Quartalskauf das Magazin vorlegten und mich fragten, ob denn wohl ein Buch dabei wäre, das mich interessieren könnte und für mich als Weihnachtsgeschenk in Frage käme.
Als meinen schönsten Büchergilde-Moment wähle ich daher dieses vorweihnachtliche Durchblättern Ihres Magazins, bei dem das anfänglich vorherrschende ,Ich kann ja mal reinschauen‘ sich spätestens nach einigen Seiten jedes Mal wieder zu einem ,Das klingt interessant‘ oder ,Oh, das muss ich haben!‘ wandelte. Aus dieser Zeit stehen unter anderem Licht aus dem Osten, Pol Pots Lächeln, Solaris und Dieter Hildebrandt in meinem Regal.“
„Meine Büchergilde-Mitgliedschaft ist für mich bisher das Highlight des Jahres. Ich bin auf die Büchergilde aufmerksam geworden über diverse BookTube-Videos. Es ist spannend, von verschiedenen Menschen zu hören, welche Bücher ihnen gefallen haben und was sie begeistert. Ich lese seit 48 Jahren und Bücher haben mich mein Leben lang begleitet. Vor einigen Jahren habe ich mir noch einen E-Book Reader angeschafft, den ich auch nicht missen möchte. Aber es geht nichts über ein schönes, gebundenes Buch. Hochwertiges Papier, schönes, farbiges Vorsatzpapier, vielleicht sogar ein paar Illustrationen und ein passendes Cover, dazu der Geruch des Papiers … Was gibt es Schöneres? Ob im Herbst/Winter eingekuschelt auf dem Sofa, mit einer schönen Tasse Kaffee oder Tee, manchmal auch im Lesesessel am Fenster, dazu die passende Literatur. Perfekt. Oder im Frühjahr/Sommer mit dem Buch im Rucksack ab aufs Fahrrad und irgendwo im Grünen, an der Isar oder im Café eine kleine Auszeit nehmen vom Alltag und in der Geschichte des Buches eintauchen. Für mich gibt es keine schönere Freizeitbeschäftigung als Lesen. Durch meine Mitgliedschaft bei der Büchergilde kann ich mir jetzt immer wieder die passende Lektüre aussuchen. Das kann ich natürlich auch in einer anderen Buchhandlung, aber hier gibt es eben die besonders schönen Bücher. Das macht mich happy. Das ist mein Büchergilde-Moment.“
„Fast zwanzig Jahre ist es nun schon her, dass ich in der Tagespresse einen Flyer der Büchergilde vorfand, in dem die illustrierte Ausgabe vom Tod in Venedig annonciert wurde. Gleich war ich sehr daran interessiert, diese Ausgabe in der Hamburger Buchhandlung und Galerie näher zu begutachten. Aus dem Interesse wurde Begeisterung: dieses wunderbare Buch musste ich unbedingt haben! Dann aber wurde ich freundlich darauf hingewiesen, dass die Büchergilde-Bücher nur an Mitglieder verkauft werden. Sollte ich mich also an ein Abo binden? Tatsächlich habe ich dann das Geschäft erst einmal verlassen, nur um nach wenigen Schritten wieder umzukehren und eine Mitgliedschaft zu unterschreiben. Seitdem fiebere ich jeder neuen Kollektion und dem einhergehenden Magazin entgegen; und erwerbe durchschnittlich vier Bücher im Quartal! Es wird nie langweilig, immer wieder sind neue Überraschungen dabei. Die Büchergilde macht mein Leben so viel lebenswerter. Vielen Dank dafür!“
„Wie ich durch den Seewolf zur Büchergilde kam
Es war im März 1977. Mein Vater hatte 50. Geburtstag und wünschte sich ein ganz bestimmtes Buch: Der Seewolf von Jack London. Bei uns war der in keiner Buchhandlung zu kriegen. So fuhr ich extra von Schwaikheim mit dem Zug nach Stuttgart, um im Büchergilde-Laden im DGB-Haus – hatte dort schon öfters mal reingeschaut – den schön gebundenen Seewolf zu kaufen. Das ging aber nicht so einfach – ich musste erst Mitglied werden. Okay, dachte ich, der Vater und der Seewolf sind es mir wert. Das Buch kostete immerhin um die 20 D-Mark. So trat ich dann mit 24 Jahren als junge Erzieherin in die Büchergilde ein – und blieb ihr bis heute treu. Unser Bücherschrank ist voller Gutenberg-Schätze: angefangen von den schön gestalteten Klassiker-Bänden, Werksausgaben von Hesse, Böll und Oskar Maria Graf über Pablo Nerudas Aufenthalt auf Erden bis hin zu Max Frischs Berliner Tagebuch oder Sven Regeners Wiener Straße; auch mein Mann wurde zum eifrigen Leser und Sammler. Die Büchergilde hat uns bis ins Rentenalter mit anregender und aufregender Literatur begleitet. Der Seewolf steht heute bei unserer jüngsten Tochter im Bücherschrank.“
„Ich habe seit zig Jahren ein Notizbuch, in dem ich mir Titel vermerke, die mir interessant und lesenswert erscheinen. Vor etlichen Jahren habe ich eine Rezension von Der Krieg mit den Molchen von Karel Capek gelesen, die bei mir so einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat, dass ich dieses Buch nicht nur lesen, sondern auch unbedingt besitzen wollte. Allerdings - ich habe diesen Titel nirgendwo gefunden. Somit stand dieses Buch jahrelang in meinem Notizbuch. Anfang des Jahres 2020 besuchte ich meine Lieblingsbuchhandlung 'Neuer Weg' in Würzburg. Als ich den Blick über ein Regal streifen lasse, hat es mich regelrecht elektrisiert: Dort stand das lange gesuchte Buch und beim Anfassen und ersten Durchblättern kam zu meiner Freude über die Entdeckung noch dieser unglaubliche haptische und optische Eindruck hinzu - was für ein schönes Buch! An der Kasse wurde ich freundlich nach meiner Mitgliedsnummer gefragt - meine Reaktion war erstmal ein 'Wie, warum?'. Nach einer präzise formulierten Vorstellung der Büchergilde war ich überzeugt, dass ich ad hoc Mitglied werden wollte und tatsächlich gesagt habe: 'Das mach ich!' Seit ich Mitglied bin, kommt zu meiner generellen Freude am Lesen auch noch bei jedem weiteren Titel der Büchergilde, der zu mir kommt, die Freude über diese besonderen Bücher hinzu.“
„Wie ich durch die Büchergilde hinter die Geheimnisse schöner Bücher kam
Seit vier Jahrzehnten bin ich mit der Büchergilde Gutenberg verbandelt. Warum? Weil ich eine leidenschaftliche Leserin bin und in gute Bücher vernarrt bin. Weil ich eine überzeugte Gewerkschafterin bin. Weil ich Bücher liebe, die sich zu lesen lohnt und die obendrein schön sind.
,Die Geheimnisse schöner Bücher‘ ist der Titel des Not for sale-Buches, das die Büchergilde Gutenberg 2011 herausgegeben hat. Ein Buch, das verspricht hinter die Kulissen einer ,traditionsreichen Werkstatt‘ blicken zu können. Auch wer nicht selbst ein Profi der Buchgestaltung und Herstellung ist, kann in die Geheimnisse schöner Bücher eintauchen. Es geht um die faszinierende Kunst einer gelungenen Buchkomposition. Denn der Inhalt ist das eine, das andere ist das Handwerk, die kunstvolle Verbindung von Schrift, Illustration und Buchkleid. Unbedingt wollte ich dieses Buch ergattern, nachdem seine Herausgabe angekündigt war. Aber wie?
Dass mir das gelungen ist, wurde zu meinem schönsten Erlebnis mit der Büchergilde. Es begab sich an einem Bundeskongress des DGB in Berlin, an dem ich teilnahm. Am Stand der Büchergilde kam ich ins Gespräch mit meiner Lieblings-Buchhändlerin aus dem Berliner Büchergilde-Laden und fragte sie nach diesem Buch. In ihrer freundlichen Art versprach sie, es mir zu senden. Und siehe da, bald traf es zu meiner großen Freude bei mir ein. Seitdem wurde es immer wieder angesehen, bewundert, gelesen und hat einen Ehrenplatz in meiner Wohnung.“
„Ich war vierzehn und rechnete: Eine Mark und fünfzig Pfennige im Monat könnte ich mir gerade noch abknapsen. Das hieß: Im nächsten Quartal für 3 Monatsraten = 4,50 DM Lockruf des Goldes von Jack London von der Büchergilde Gutenberg. In rotem Ganzleinen mit Goldprägung.
So trat ich 1956 ein. Die begleitende Zeitschrift las ich von vorn bis hinten und zurück; sie wurde mein Bildungskanon. Wenn ich den jeweiligen Quartalsband nicht abwarten konnte, fuhr ich zum Deutschen Gewerkschaftsbund am Besenbinderhof, in dessen Parterre in einem spartanisch eingerichteten Laden die Büchergilde untergebracht war und traf dort mit ganzen Gruppen von ,Vertrauensleuten‘ aus den Betrieben zusammen, die Bücherpakete für ihre Kollegen abholten: Ein Beispiel der Arbeiterbildung.
Dem väterlichen Bücherschrank entnahm ich die Romane des geheimnisvollen Autors B. Traven, die vor allem bei der Büchergilde erschienen: 1926 Das Totenschiff, 1927 Der Schatz der Sierra Madre. Sie hüte ich noch immer. Und erstand selbst weitere sozialkritische Bücher wie Früchte des Zorns von John Steinbeck und nach und nach viele Werke der Weltliteratur sowie den Weltatlas von 1955 mit den schönen Reliefkarten.
Als Alter Hase und Ehrenmitglied muss ich nun nicht mehr in jedem Vierteljahr ein Buch abnehmen, aber manchmal werden es sogar noch mehr.“
„Einer dieser Augenblicke
Es war 1983. Ich befand mich mitten in meinem Literaturstudium. Dort hatte ich gerade ,mein‘ Thema entdeckt, die Literatur der Zwanziger-Jahre, insbesondere Erich Kästner.
Im Februar war ich in Köln, um ein Praktikum in einem Buchverlag zu machen. Eines Tages geschah etwas, das lange nachhallen sollte. Mein Betreuer sprach mich an, ob ich Reclam-Bücher brauchen könne. Klar, sagte ich, und er öffnete seinen Schrank. Der war vollgestopft mit den kleinen gelben Büchern. Als wir den Berg sortiert hatten, sagte er, ,Ach, noch etwas.‘ Ich solle doch Mitglied bei der Büchergilde werden, das wäre genau das Richtige für einen wie mich. Konnte ich da Nein sagen? Das Beitrittsformular hatte er bereit liegen.
Das war einer dieser Augenblicke im Leben, den ich nie bereut habe. Andere Mitgliedschaften und Zeitschriften-Abonnements kamen und gingen wieder. Geblieben ist mir die Büchergilde.
Und so geht es weiter. Vier Mal im Jahr radle ich zum Besenbinderhof beim Hauptbahnhof in Hamburg, nachdem ich das Magazin von vorne bis hinten durchgesehen habe. Immer ein kleiner Festtag für mich. So kann es weitergehen. Noch lange.“